Belletristischer Bodensatz 2020
- Vensch
- 2. Jan. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Jan. 2023
Die schlechtesten Bücher 2020

Hier wird alles aufgenommen, was es nicht auf die 5/10 (Durchschnitt, kann man mal lesen) geschafft hat. Da tummelt sich Belangloses (fast alle 4/10-Bücher), aber auch wirklich Groteskes (alles unter 3/10). Wie immer ist es natürlich eine persönliche Einschätzung und ich würde durchaus einige dieser Bücher verschenken, wenn ich wüsste, dass sie in den Geschmack des zu Beschenkenden fallen.
Überraschend viele dieser Bücher habe ich bereits im Januar und Februar gelesen, aber man wird bekanntlich aus Schaden klug. Wer noch mehr über diese fürchterlichen Bücher erfahren möchte, kann in der Liste des jeweiligen Monats nachschauen.
Nun also aufsteigend vom Annehmbarsten bis zum Fürchterlichsten:
Gedichte, eine Auswahl (Reclam)
Rainer Maria Rilke
4/10
80 Seiten
Ich hatte mich auf dieses schöne Reclamheft mit einer Auswahl an Rilke-Gedichten gefreut. Vorher kannte ich nur "Der Panther" und "Herbsttag", die mir beide gefallen haben.
Leider konnte ich aber keine Verbindung zu den Gedichten aufbauen.
Wohl nur etwas für Rilke-Fans.
Poemas/Gedichte
Federico García Lorca, Hrsg. Gustav Siebenmann
182 Seiten
4/10
Ein kleiner zweisprachiger Gedichtband des größten spanischen Dichters des 20. Jahrhunderts, dem populärsten nach Cervantes überhaupt (so steht es zumindest in diesem Buch).
Der Reclam-Band liefert gute Erklärungshilfen im hinteren Teil, die auch bitter nötig sind, trotz der Zweisprachigkeit des Textes. Die Übersetzungen sind gelungen, wenn auch Lyrik immer zum Teil unübersetzbar bleibt. Avantgardismus und Surrealismus machen die Gedichte beinahe unverständlich. Häufig haftet allem die grüne Farbe des Träumens an (das ist in der spanischen Farbsymbolik so).
Ich konnte nichts mit García Lorca anfangen, dabei gefällt mir meistens wenigstens ein Gedicht in einem Sammelband. Allerdings hatte ich mehr Spaß mir die Gedichte zu erarbeiten, als plump eine langweilige Alltagsgeschichte herunterzulesen (solche folgen weiter unten).
Bei bestehendem Interesse für spanische Lyrik, Flamenco oder Garía Lorca würde ich dieses Buch verschenken. Handwerklich ist es gut gemacht und ordentlich zusammengestellt.
(Februar)
Morituri
Yasmina Khadra
142 Seiten
4/10
Ein algerischen Krimi aus den 90ern mit einem seltsam graden Kommissar, der mitten im Bürgerkrieg versucht, sich durch die Tage zu bringen.
Das Buch hat mich interessiert, weil ich versuche, Krimis aus anderen, als den Standardkulturkreisen zu lesen. Man erfährt auch etwas über Algerien, aber eher als ein Gefühl. Die Geschichte fesselt nicht und Struktur braucht man nicht zu suchen.
Zu lang für 140 Seiten.
Nur im Notfall an Algerieninteressierte verschenken.
Bretonische Spezialitäten
Jean-Luc Bannalec
345 Seiten
4/10
Der neunte Fall für Commissaire Dupin, den es aus Paris in die Bretagne verschlagen hat.
Wer es bis hierhin in der Reihe geschafft hat, kann dann auch noch dieses Buch lesen, falls man die Zeit nicht für einen schönen Spaziergang oder ein kreatives Hobby nutzen möchte.
Hungrig sollte man dieses Buch übrigens nicht in die Hand nehmen, da fast pausenlos von Essen geredet wird (sicher deutlich mehr als von irgendwelchen Mordfällen). Lokalkolorit so dick, das man ihn schneiden kann wie bretonische Butter.
Belanglos aber verschenkbar, vor allem für Interessenten der Bretonischen Küche.
Der Vorleser
Bernhard Schlink
207 S.
4/10
Verarbeitung von Nazivergangenheit gepaart mit Pädophilie, eine seltsame Mischung, die wohl unterhält. Mich persönlich regt übermäßiger Sexualverkehr in Büchern immer auf, vor allem, wenn er nicht zur Geschichte beiträgt.
Jedoch ist der Schreibstil nicht schlecht, ich würde Bernhard Schlink eine zweite Chance geben und noch ein anderes Buch von ihm lesen.
Noch verschenkbar.
Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind
Jonas Jonasson
346 Seiten
4/10
Ein Rezeptionist in einer schäbigen Pension und eine frisch entlassene Pfarrerin starten zusammen mit einem ehemaligen Mörder eine Auftragsfirma für Körperverletzungen, gründen später eine Kirche und werden von der halben Unterwelt Stockholms verfolgt.
Leider eine langatmige und langweilige Enttäuschung vom Autor des sehr spaßigen Buches "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand", sowie dem spaßigen Buch "Die Analphabetin, die rechnen konnte”.
Möglicherweise hat sich mein Anspruch an lustige Bücher seit 2010 weiterentwickelt, aber als ich den Hundertjährigen noch einmal zu Übungszwecken auf Niederländisch gelesen habe, hatte ich immer noch Spaß. Traurigerweise würde ich jetzt wohl eher kein Buch von Jonas Jonasson mehr lesen.
Dieses Buch kann man auf eine lange Zugfahrt oder ins Wartezimmer mitnehmen und auch mit gutem Gewissen an stark Berufstätige verschenken.
(Februar)
Pferde stehlen
Per Petterson
4/10
246 Seiten
Eine Geschichte über einen alten Norweger, der sich gegen Ende seines Lebens in eine Waldhütte zurückzieht und sich ausgiebig und detailreich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt. Dieses Buch lebt davon, ob man eine Verbindung zum Hauptcharakter aufbauen kann. Ich konnte es nicht und habe mich daher stark gelangweilt, vor allem ab der Mitte des Buches.
Extrem belanglos, mit gutem Gewissen querlesbar.
Kann man vielleicht an Norwegen-Fans verschenken.
(Mai)
Tod und Teufel
Frank Schätzing
509 Seiten
3/10
Ein historischer Krimi über das mittelalterliche Köln. Ich dachte, Frank Schätzing müsse man mal gelesen haben und wollte mit einem möglichst kurzen Buch von ihm anfangen. Es ist für seine Geschichte deutlich zu lang, ständig erzählen sich die Protagonisten, was ihnen in den letzten zwei Tagen zusammen so alles passiert ist, genau wie bei Dan Brown. Möglicherweise kann man von den zwischendurch eingeschobenen historischen Lektionen profitieren, mich haben sie eher aus dem dürftigen Lesefluss geholt. Dann doch lieber ein Buch aus der Beck'schen Reihe zum Thema Kreuzzüge (Lektüre steht noch aus).
Recht anspruchsfrei, aber an Köln- oder Mittelalterfans verschenkbar. Vielleicht sollte man bei anspruchsvolleren Lesern aber auf “Der Name der Rose” von Umberto Eco upgraden oder einfach mal nach Köln fahren.
(Dezember)
Mondscheintarif
Ildikó von Kürthy
3/10
140 Seiten
Eine kleine Geschichte über die 90er-Jahre Basic Bitch Cora Hübsch. Eine lustige Aneinanderreihung von Klischees. Man kann es prima lesen, nachdem man den Kopf vollständig ausgeschaltet hat.
Würde ich durchaus verschenken.
(Mai)
Ab hier wird es wirklich schlimm!
Mörder ohne Gesicht
Henning Mankell
334 Seiten
2/10
Der Kultkrimi aus Schweden, trostlos, belanglos, spannungslos. Es wimmelt von flachen Charakteren und unnötigen Wiederholungen. Dazwischen gibt es seltsame Ermittlungsmethoden und Informationen zum Zustand der Unterwäsche des Kommissars.
Zudem ist der Titel schon dämlich, da es sich nicht um einen Einzeltäter handelt, sondern mehrere, die auch mehr als ein Gesicht haben.
Dieses Buch würde ich nicht verschenken.
Man hat mir versichert, die späteren Wallander-Krimis wären deutlich besser, vielleicht lese ich ja noch mal einen (es steht ja so ziemlich in jedem Bücherschrank einer), aber die Klappentexte haben mich doch eher abgeschreckt.
Das schlechteste Buch des Jahres
Das Lavendelzimmer
Nina George
361 Seiten
2/10
Ein französischer Buchhändler auf einen Selbstfindungstrip, es gibt viel “Erotik”.
Nina George als Co-Autorin des für mich persönlich schlechtesten Buch des Jahres 2019 liefert zuverlässig ein literarisches Debakel. Auch beim Überfliegen bekommt man mehr von der Handlung mit, als man möchte. Das war dann die zweite und letzte Chance, nie wieder Nina George.
Dieses Buch würde ich entweder jemandem schenken, der aus unerfindlichen Gründen vor allem Bücher in Pastelltönen im Regal stehen hat (das soll es ja geben und ist auch nicht schlimm), oder meinem schlimmsten Feind mit gutem Buchgeschmack.
Um zu beweisen, dass ich völlig unvoreingenommen an die Sache herangegangen bin, gebe ich einen Alternativvorschlag. Stattdessen könnte man zum Beispiel lesen: "Ein Buchladen zum Verlieben" von Katarina Bivald. Ähnliches Thema, deutlich besseres Buch.
Noch mehr schlechte Bücher gibt es auch im Sachbücher-Check 2020
Die kleinen Taschen und die Bekleidung für alte Puppen, einfach nur schön.
Leider bin ich völlig untalentiert für solche Sachen😔
Liebe Grüße
Petra
Kleidung für Püppi. Von deinen Nähkünsten bin ich total begeistert und es ist so schön beschrieben, dass das Lesen echt Spaß macht. Liebe Grüße Brigitte
Sehr schön zu sehen wie viel Spaß (und Zeit) du zum Nähen hast!
Es gibt an der Nähmaschine einen speziellen Stich für dehnbare Stoffe. Mit dem dürfte der Faden nicht reißen!
Für große Köpfe gibt es spezielle Tricks - einfach mal nachschauen wie das bei den Shirts für Babys gemacht wird!
Liebe Grüße
Miriam
Always insightful. Good work. 😀
Es regnet, endlich Zeit, die Beiträge zu lesen und nicht nur wahrzunehmen. Macht Freude, das zu lesen und obwohl ich das Buch und die Videos nicht kenne, kann ich mir eine Menge vorstellen! Biene
Sehr schön geschrieben!
Liebe Grüße
Christina