top of page

China 2024 Teil 1: Aufbruch

  • Autorenbild: Vensch
    Vensch
  • 3. Nov. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Apr.

Im September musste ich für eine Konferenz arbeitsbedingt ein paar Tage nach Hongkong, das habe ich zum Anlass genommen, im Anschluss einen Urlaub mit meiner Schwester zu machen. Insgesamt waren wir gut drei Wochen unterwegs.

Teil 1: Aufbruch

Montag

An einem warmen Montagabend im September fliegen meine Schwester und ich von Frankfurt nach Hongkong. Die Anreise mit der deutschen Bahn ist eine Zitterpartie, die überraschend gelingt. Es fallen nur die Züge vor und nach unserem aus. Am Flughafen geben wir das Gepäck an der automatisierten Gepäckaufgabe auf.* Mein Koffer wiegt 21 Kilo, denn man weiß ja nie und sicher ist sicher (zumindest den Steamer habe ich zu Hause gelassen). Auch danach ist alles automatisiert: Beim Security Check ist kein Auspacken mehr nötig und die Passkontrolle ist ein Scanner. Während wir warten, erwerbe ich online eine e-Sim für Hongkong (5,40 € für 3 GB, sehr praktisch und bequem). Das Boarding ist pünktlich und reibungslos. Todesmutig habe ich mein Flugticket nicht ausgedruckt, sondern nur in der Lufthansa-App dabei.** 

Abflug 21:40, Abendessen um Mitternacht. Wir haben uns bereits vorher für die asiatischen Garnelen entschieden, aber das europäische Gericht ist auch alle, als die Stewardess bei uns ankommt. Das Essen ist überraschend scharf, ungewöhnlich darmunfreundlich für eine Flugreise, aber lecker. Die Zeit bis zum Essen vertreibe ich mir mit einer Verfilmung von Jane Austen’s Emma von 2020. Schöne Kostüme, aber fast alle Schauspieler unsympathisch und seltsam besetzt, vor allem Mr. Knightley. Da lobe ich mir die YouTube Series Emma Approved. Leider sind unsere Sitze ein bisschen kaputt. Man kann sie zwar in eine angenehme (Halb-)Liegeposition stellen, sie schleichen sich dann aber so langsam, dass man es nicht merkt, wieder in ihre Ausgangsposition. Ich wache alle halbe Stunde auf und justiere die Lehne zurück, meine Schwester schläft zusammengefaltet wie ein Origamischwan. 


* Automatisiert heißt: Es gibt nicht mehr fünf Schalter, an denen Menschen mit Menschen sprechen, sondern fünf Stationen, zwischen denen ein Mensch hin und her läuft und die Benutzung erklärt.

** und in meinem E-Mail-Programm, als Screenshot in der Galerie, und in Google Docs für meine Schwester freigegeben.


Dienstag

Um 6 Uhr deutscher Zeit gibt es Frühstück: seltsames Rührei, Obst, Brötchen mit Käse und Kaffee. Wir landen wie geplant um 15:40 Ortszeit (Zeitverschiebung +6 Stunden), Außentemperatur 37 Grad. Um uns für alles, was da kommen mag, zu stärken, holen wir uns im 7-Eleven ein paar Onigiris und kalten Kaffee. Dann heben wir Geld ab, weil man die Karte für den öffentlichen Nahverkehr (Octopus Card) nur mit Bargeld aufladen kann. Es gibt auch eine Octopus-App, aber eine Karte ist charmanter. Die eSim funktioniert problemlos, im Flughafen und im ÖPNV gibt es auch WLAN. Wir nehmen den Airport-Express bis zur Endstation Hong Kong auf Hong Kong Island. Als der Zug aus dem Tunnel fährt, erhaschen wir unseren ersten Blick auf Meer, Berge und Wolkenkratzer.


Von der Station sind es nur 700 Meter bis zu unserer AirBnb. Wir wähnen uns schon angekommen, doch das ist eine große Fehleinschätzung. Unser Host rät uns nachhaltig dazu ein Taxi zu nehmen, weil aber die Schlange an der Taxistation astronomisch lang ist, versuchen wir es auf eigene Faust. Das GPS spinnt gewaltig und springt, ein Problem, das uns in ganz China begleiten wird. Wir finden nicht einmal aus der Station heraus, zumindest nicht dort, wo man als Fußgänger passieren kann.* Schließlich ergeben wir uns dem Schicksal und bekommen nach etwa anderthalb Stunden ein Taxi, das uns in 7 Minuten zur Unterkunft bringt. Um halb neun schließlich schleppen wir uns in unser Apartment in Central: zwei Schlafzimmer, eine kleine Küche und ein gemütliches Wohnzimmer mit großem Sofa, für Hongkonger Verhältnisse ein Tanzsaal. In dieser Stadt ist alles eng.

Der Hunger treibt uns noch einmal vor die Tür. Mittlerweile ist es seit 2 Stunden dunkel und wegen Mondfest sind die meisten Läden zu. Viele Restaurants schließen klassisch chinesisch regulär bereits um 9 Uhr, internationale Megacity nur am Tag. Im ersten Restaurant, wo man nur Kantonesisch spricht,* werden wir hinauskomplimentiert, als wir es nicht schaffen, innerhalb von einer Minute zu bestellen. Schließlich essen wir Ramen in einem kleinen japanischen Restaurant. Davon gibt es sehr viele, sowie Italiener, aber wir sind nicht nach Asien geflogen, um italienisch essen zu gehen. Wie immer schaffe ich nicht die ganze Portion und nehme den Rest mit. Beim 7-Eleven an der Ecke holen wir noch Wasser und eine Milch für den morgendlichen Kaffee. Das Hongkonger Leitungswasser kann man sogar trinken, aber wir sind ein bisschen misstrauisch. Das Wasser ist im 7-Eleven unverhältnismäßig teuer, aber das wissen wir noch nicht. 

Die Hitze ist immer noch brutal und drückend (um die 30 Grad), die Luftfeuchtigkeit extrem hoch. Der Versuch, um 23:00 zu schlafen, endet in einem Nickerchen. Die Klimaanlage ist sehr laut, aber ohne geht es nicht. Draußen gewittert es und regnet in Strömen. Um halb drei schlafe ich schließlich wieder ein. 


* An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass das Navigieren in Hongkong kompliziert ist. Fußgängerverkehr findet auf mindestens drei Ebenen statt, von denen Google Maps nicht die geringste Ahnung hat. Zum normalen Straßennavigieren kommt ein System aus Fußgängerbrücken über den Straßen, Tunneln und Malls dazwischen und darunter.

** Kantonesisch: eine der chinesischen Sprachen, ca. 90 Millionen Sprecher. Die oft genutzte Bezeichnung Dialekt ist irreführend, da dies lediglich bedeutet, dass die Sprache mit denselben Schriftzeichen*** geschrieben wird wie Hochchinesisch (Mandarin). Die Aussprache ist jedoch vollkommen anders (u.a. zwei Töne mehr), so dass sich die Sprecher verschiedener chinesischer “Dialekte” nicht verstehen können. 

*** So weit die Theorie. In Hongkong werden traditionelle Langzeichen verwendet. Diese haben mehr Striche und sind somit komplizierter als die auf dem Festland üblichen Kurzzeichen, die im Zuge einer Schriftreform 1956 eingeführt wurden, um die Alphabetisierung der Landbevölkerung zu erleichtern. Wenn man sich einige Muster der Vereinfachungen einprägt, kann man Langzeichen einigermaßen lesen, aber es ist schlimmer als Sütterlin.


Comments


Kommentare (6)

Misafir
15 May 2024

Die kleinen Taschen und die Bekleidung für alte Puppen, einfach nur schön.

Leider bin ich völlig untalentiert für solche Sachen😔

Liebe Grüße

Petra

Gefällt mir

Misafir
19 Nis 2024

Kleidung für Püppi. Von deinen Nähkünsten bin ich total begeistert und es ist so schön beschrieben, dass das Lesen echt Spaß macht. Liebe Grüße Brigitte

Gefällt mir

Misafir
07 Nis 2024

Sehr schön zu sehen wie viel Spaß (und Zeit) du zum Nähen hast!

Es gibt an der Nähmaschine einen speziellen Stich für dehnbare Stoffe. Mit dem dürfte der Faden nicht reißen!

Für große Köpfe gibt es spezielle Tricks - einfach mal nachschauen wie das bei den Shirts für Babys gemacht wird!


Liebe Grüße

Miriam



Gefällt mir

Misafir
12 Şub 2024

Always insightful. Good work. 😀

Gefällt mir

Misafir
21 Eki 2023

Es regnet, endlich Zeit, die Beiträge zu lesen und nicht nur wahrzunehmen. Macht Freude, das zu lesen und obwohl ich das Buch und die Videos nicht kenne, kann ich mir eine Menge vorstellen! Biene

Gefällt mir

Misafir
30 Tem 2023

Sehr schön geschrieben!

Liebe Grüße

Christina

Gefällt mir

© 2019 by Der Bücherbau. Proudly created with Wix.com

bottom of page