Spontan ein ärmelloses Shirt Nähen
- Vensch
- 28. Juli 2024
- 3 Min. Lesezeit
Die Kunst des Nähens Teil 17

Weise YouTuber behaupten, man bräuchte überhaupt keine Schnittmuster, man habe ja bereits Kleidung, die passt. Davon sei einfach ein Muster zu nehmen und los geht's. Da werden nun ein paar Sachen vorausgesetzt…
Die Methode: Man braucht einen großen Bogen Papier, eine weiche Unterlage und Stecknadeln. Das Papier kommt auf die Unterlage und das Shirt auf das Papier. Man versucht, ein Stoffstück so zurechtzulegen, dass es gerade und völlig ausgebreitet ist (bereits hier ist die Theorie deutlich einfacher als die Praxis). Dann malt man, wo möglich, drum herum und da, wo Nähte innerhalb der ausgebreiteten Fläche des Kleidungsstücks liegen, piekt man mit der Nadel durch den Stoff und perforiert eine Linie auf dem darunter liegenden Papier. Das Ergebnis passt man noch ein bisschen an, so dass man durchgehende Linien hat. Dieses Muster legt man auf den anvisierten Stoff und schneidet aus, wobei man eine Nahtzugabe zugibt.
Die Umsetzung: Ich wollte das natürlich probieren und nahm mir ein gut passendes, locker sitzendes T-Shirt. Mein Stoff ist ein ausgedienter Kissenbezug aus 100% Baumwolle. Achtung: Dieser Stoff hat im Gegensatz zum Ausgangsshirt keinen Stretch! Das ist wichtig für Hals- und Armausschnitt, sowie Tragekomfort. Daher erst einmal probeweise mit Nadeln zusammenstecken und schauen, ob man in das Shirt reinkommt.
Dann überlegt man sich eine sinnvolle Nähreihenfolge. Ich habe erst die Seiten- dann die Schulternähte gemacht. Kurze Anprobe - Stoff etwas fest (Überraschung), aber geht. Dann die Nahtzugabe versäubern, erst mit Zickzackstich, dann mit meiner neuen Zickzackschere den überstehenden Rest abschneiden - befriedigend. Dann alle “Außenkanten” versorgen: Saum, Arm- und Halsausschnitt. Dafür die Kante einmal nach innen umbügeln, dann noch mal umbügeln um die offene Stoffkante zu sichern und dann absteppen. Ich mache das von innen, damit ich sehe, dass ich auf meinem kleinen untergebügelten Streifen ungefähr in gleicher Höhe bleibe. Da der Stoff nicht dehnbar ist, der Saum aber eine Kurve beschreibt, ist es einigermaßen schwierig, dass der Stoff sich nicht wellt oder kleine Falten wirft. Das sieht man diesem Saum sehr stark an. Bei den Armausschnitten hat es schon deutlich besser geklappt, vor allem beim zweiten.
Für den Halsausschnitt wollte ich noch etwas Neues ausprobieren: einen Abschluss mit Schrägband. Dafür schnitt ich auf meiner neuen Schneidematte mit dem Rollschneider einen 4 cm breiten Streifen Stoff diagonal zur Webrichtung.* In dieser Richtung hat auch fester Stoff ein bisschen Stretch. Das ist wichtig, damit sich der Stoff einigermaßen der recht starken Rundung des Ausschnitts anpasst. Gemessen brauchte ich ca. 65 cm, deshalb habe ich 80 genommen, sicher ist sicher.** Dann habe ich von außen rechts auf rechts die eine Seite des Bandes mit der Maschine angenäht, dann das Band über die Kante des Shirtstoffs gelegt und innen mit Hand mit einem Überwendlingsstich angenäht. Das sorgt dafür, dass man von außen fast keine Naht sieht. Ich habe kurz überlegt, noch Ärmel anzufügen, das ist aber bereits in der Testphase gescheitert.

Fazit: Man kann es tragen! Die Nähte sind hier und da ein bisschen schief, aber es geht schon. Für ein zukünftiges Modell würde ich die Armausschnitte größer und die Schultern schmaler machen. Ich habe ja noch einen ganzen Bettbezug über.
* Ebenfalls sehr befriedigend im Vergleich zum gleichen Prozess ohne geeignetes Werkzeug. Stoff hat die Angewohnheit, sich in alle Richtungen zu verziehen, so dass es am Anfang unmöglich scheint, ein grades Stück Stoff auszuschneiden, selbst wenn es um ein simples Rechteck geht. Da helfen ein sehr großes Lineal und eine Schneidematte mit Kästchenmuster, sowie Rollschneider wirklich enorm.
** Ist sicher ist sicher ist sicher.
Die kleinen Taschen und die Bekleidung für alte Puppen, einfach nur schön.
Leider bin ich völlig untalentiert für solche Sachen😔
Liebe Grüße
Petra
Kleidung für Püppi. Von deinen Nähkünsten bin ich total begeistert und es ist so schön beschrieben, dass das Lesen echt Spaß macht. Liebe Grüße Brigitte
Sehr schön zu sehen wie viel Spaß (und Zeit) du zum Nähen hast!
Es gibt an der Nähmaschine einen speziellen Stich für dehnbare Stoffe. Mit dem dürfte der Faden nicht reißen!
Für große Köpfe gibt es spezielle Tricks - einfach mal nachschauen wie das bei den Shirts für Babys gemacht wird!
Liebe Grüße
Miriam
Always insightful. Good work. 😀
Es regnet, endlich Zeit, die Beiträge zu lesen und nicht nur wahrzunehmen. Macht Freude, das zu lesen und obwohl ich das Buch und die Videos nicht kenne, kann ich mir eine Menge vorstellen! Biene
Sehr schön geschrieben!
Liebe Grüße
Christina