Sense and Sensibility

Ein mittelgutes Buch von Jane Austen

Sense and Sensibility

(Verstand und Gefühl*)

Jane Austen

Ersterscheinungsjahr 1811

5/10

Hörbuch gelesen von Alison Larkin

Dieses Buch habe ich das erste Mal vor gut zehn Jahren gelesen. Hängen geblieben ist davon nicht viel, aber kürzlich habe ich bei Audible eine Gesamtausgabe aller sechs Jane-Austen-Hörbücher erworben (für 10 Euro sind 81 Stunden Hörvergnügen ein wirklich guter Deal, nur geschlagen von der Bibel (gelesen von Rufus Beck)). Daher also jetzt ein großes Austen-Revival:

Sense and Sensibility dreht sich um die Dashwood-Schwestern Elinor, Margaret und Marianne**. Nach dem Tod ihres Vaters müssen Mrs. Dashwood und ihre Töchter das heimische Anwesen verlassen, das testamentarisch in der Familie des Stiefsohnes landet. Somit ist die klassische Austen-Konstellation einer adeligen Familie mit (zu) vielen Töchtern von geringem Vermögen im heiratsfähigen Alter erreicht. Die Dashwoods finden ihre neue Heimat in einem kleinen Dorf in Devonshire, wo ihnen Sir John, ein entfernter Verwandter, ein Bauernhaus zur Verfügung stellt. Die kleine Familie findet dort schnell Anschluss beim örtlichen Adel, der sich vor allem durch seine Jovialität, wenn auch nicht durch seine geistigen Kapazitäten auszeichnet. Lediglich der melancholische Kolonel Brandon scheint etwas mehr Tiefgang zu haben als der Rest von Sir Johns erweitertem Familienkreis. Marianne (das betitelte Gefühl) verliebt sich Hals über Kopf in den schneidigen Willoughby und gibt sich in jedem folgenden Hoch und Tief völlig ihren Emotionen hin, wodurch sie die Situation für sich und andere deutlich unangenehmer macht als notwendig. Dazu im Kontrast empfindet Elenor (der Verstand) eine würdevolle, zurückhaltende Zuneigung für den Bruder ihrer Schwägerin Edward Ferrars. In den unausweichlichen Wirren ihrer Beziehungen lässt sie sich von ihrer Ratio leiten und kann dadurch alle Unwegsamkeiten in ihrem Leben gut bewältigen. Wer Jane Austen kennt, weiß, wie die Sache ausgehen wird.

Die Geschichte ist - wie immer bei Austen - gut geschrieben. Die Dialoge sind häufig sehr komisch und die Personen sind tolle Karikaturen, die man manchmal links und rechts ohrfeigen möchte. Niemand versteht es wie Austen, alltägliche Unwichtigkeiten so hochtrabend zu formulieren, dass man konstant darüber schmunzeln muss. Mit der Zeit wird die Gegenüberstellung der Schwestern dem Leser jedoch etwas zu sehr aufgedrängt. Wie immer bei Büchern aus dem frühen 19. Jahrhundert fällt es schwer nachzuvollziehen, nach welchen Regeln die Interaktionen ablaufen und warum bestimmte Verhaltensweisen das gesellschaftliche Aus für die Charaktere bedeuten. Insgesamt eins der schwächeren Austen-Bücher: es ist mit 50 Kapiteln ein bisschen zu lang, oft passiert nicht viel und die Charaktere sind nicht liebenswert oder spannend genug, um die Geschichte alleine zu tragen. Hätte ich es noch einmal als Buch gelesen, hätte ich wohl deutlich länger bis zum Ende gebraucht.

*Früher schlecht übersetzt als “Sinn und Sinnlichkeit”, mittlerweile auch unter dem treffenderen Titel “Verstand und Gefühl” zu finden, “sensibility” ist eigentlich Empfindsamkeit.

** Margaret hätte man auch weglassen können, da sie lediglich als Lückenfüller zwischen ihren interessanteren Schwestern fungiert. Sie ist die Mary Bennet der Dashwood-Familie.