Preußen ohne Legende
- Vensch
- 11. Feb. 2024
- 3 Min. Lesezeit
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Preußen ohne Legende
Sebastian Haffner
Ersterscheinungsjahr 1979
213 Seiten
8/10
Über das Buch
Selbst noch in Preußen geboren, nimmt Sebastian Haffner uns mit auf eine historische Reise durch seinen Geburtsstaat. Nach eigenem Gutdünken akzentuiert beschreibt er für uns die Geschichte dieses deutschen Staates mit dem Ziel, die Mythen darum aufzulösen. Haffner beschreibt wertend, aber nuanciert. Er bemüht sich, die Entscheidungen und Beweggründe der Akteure zu beleuchten, indem er kontextualisiert und den Status Quo der jeweiligen Zeit aufzeigt. Das Buch ist anregend erzählt und lässt sich am Stück runterlesen. Es ist mit 200 Seiten recht kurz und dicht, aber nicht überwältigend. Es wird zu einem adäquaten Maß mit Jahreszahlen und Namen um sich geworfen. Der Anhang bietet Karten, eine Zeittafel und ein Namensverzeichnis. Populärwissenschaftlich bietet es keine Fußnoten und kein Literaturverzeichnis, aber im Text jede Menge Buchempfehlungen für Theodor Fontane und einige Hinweise auf die Schriften wichtiger Zeitgenossen.
Preußen so kurz wie möglich
Für Haffner beginnt die Vorgeschichte Preußens, „Das lange Werden” mit der Kolonisation slawischer Gebiete im 12. und 13. Jahrhundert durch den deutschen Ritterorden. Gebietsabhängig mal blutiger, mal friedlicher, vermischen sich langsam die christlichen und heidnischen Völker. Dinge passieren, bis sich schließlich im Jahr 1701 der Kurfürst Friedrich* des Landes Brandenburg zum preußischen König krönt. Interessant ist an diesem Staat, dass er sich nicht aus einem Volksstamm entwickelt hat, wie es zum Beispiel die Sachsen oder Bayern waren, sondern aus einer Idee. Lange Zeit besteht Preußen aus einem gestückelten Gebiet, das sich heute zu weiten Teilen in Polen befindet (zum Beispiel Schlesien und Teile Pommerns), mit dem Kerngebiet in Brandenburg und fernen Einsprengseln im westfälischen Raum. Das Buch hält dazu im Anhang 8 Karten mit der territorialen Ausdehnung über Zeit bereit (ein Traum).
Im 18. Jahrhundert ist Preußen als Vernunftstaat recht allein auf der Karte Europas: Es gewährt Konfessionsfreiheit, Meinungsfreiheit und lässt jeden rein, der bereit ist, Steuern zu zahlen. Viele seiner hohen Politiker sind „Wahlpreußen”. Durch Kriege versuchen die Monarchen, ihr Gebiet zu konsolidieren (zu diesem Zeitpunkt gängige Praxis), die Landverteilung über die Jahre macht denn auch den Eindruck einer Ziehharmonika. Im 7-jährigen Krieg (1756-1763) droht Preußen unterzugehen, hält aber gegen alle Wahrscheinlichkeiten so lange aus, bis alle anderen Parteien kriegsmüde sind. Irgendwie mogelt es sich in die Ränge der europäischen Großmächte, wenn auch auf Platz fünf von fünf. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts läuft gut,** bis Napoleon kommt und 1806 Preußen vernichtend schlägt, so dass dieses seine polnischen Gebiete abgeben muss (etwa die Hälfte des Staatsgebietes). In der Folge des Wiener Kongresses 1815 bemühen sich alle europäischen Mächte, den Status Quo vor Napoleon und der Französischen Revolution wiederherzustellen, es beginnt eine Zeit konservativer Reaktion. Preußen bekommt neue Gebiete im Westen zugesprochen und wird spät doch noch ein christlicher Staat.
Nach der Revolution 1848 ändert sich die politische Großwetterlage: Preußen und Österreich streiten um die deutsche Vormachtstellung. Die Politik vor der Reichsgründung wird maßgeblich geprägt durch den preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, der das Reich als Mittel zum Zweck in Kauf nimmt, um Preußens Machtstellung zu erhalten. Mit 24 Millionen Einwohnern ist Preußen das bevölkerungsstärkste Land im neuen Reich (insgesamt 41 Millionen). Jedoch geht die preußische Identität bald in der gesamtdeutschen auf, Haffner zufolge aufgrund der Tatsache, dass Preußen immer ein Kunstgebilde war. Somit schlägt in Preußens größter Stunde gleichzeitig seine Totenglocke. Es dauert zwar noch einmal 76 Jahre, bis Preußen offiziell 1947 von den Alliierten aufgelöst wird, jedoch setzt Haffner den wahren Todeszeitpunkt bereits 1932 an, als Reichskanzler von Papen die preußische Regierung durch einen Staatsstreich absetzt.
* Je nachdem wie man zählt, der Erste oder der Dritte. Im Weiteren heißen alle Könige Friedrich, Friedrich Wilhelm oder Wilhelm.
** 1794 erlässt Preußen das Allgemeine Preußische Landrecht (APL), ein Fakt, den jeder Jurastudent um die Ohren geschlagen bekommt, da dessen Gedankengut zum Teil heute noch als Grundlage für öffentlich-rechtliche Entschädigungsansprüche genutzt wird.
Bildnachweis:
Preußen 1919, Copyright CC BY-SA 2.5 abrufbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fen#/media/Datei:Map-WR-Prussia.svg, dort hochgeladen von User:52 Pickup, durch Autor auf dieser Seite verändert hochgeladen
Die kleinen Taschen und die Bekleidung für alte Puppen, einfach nur schön.
Leider bin ich völlig untalentiert für solche Sachen😔
Liebe Grüße
Petra
Kleidung für Püppi. Von deinen Nähkünsten bin ich total begeistert und es ist so schön beschrieben, dass das Lesen echt Spaß macht. Liebe Grüße Brigitte
Sehr schön zu sehen wie viel Spaß (und Zeit) du zum Nähen hast!
Es gibt an der Nähmaschine einen speziellen Stich für dehnbare Stoffe. Mit dem dürfte der Faden nicht reißen!
Für große Köpfe gibt es spezielle Tricks - einfach mal nachschauen wie das bei den Shirts für Babys gemacht wird!
Liebe Grüße
Miriam
Always insightful. Good work. 😀
Es regnet, endlich Zeit, die Beiträge zu lesen und nicht nur wahrzunehmen. Macht Freude, das zu lesen und obwohl ich das Buch und die Videos nicht kenne, kann ich mir eine Menge vorstellen! Biene
Sehr schön geschrieben!
Liebe Grüße
Christina