Jack London und der Polarkreis
- Vensch
- 16. Juli 2023
- 3 Min. Lesezeit
The Call of the Wild, White Fang and Other Stories

(Ruf der Wildnis, Wolfsblut und andere Geschichten (genau zwei))
Ersterscheinungsjahre 1904–1907
6/10
410 Seiten
Diesen Sammelband habe ich - wie könnte es anders sein - in einem Bücherschrank gefunden. Zwar fällt das Buch fast auseinander, dafür ist es aber auch ein ausgedientes Leihexemplar der Houston Public Library, wie man dem Stempel auf der letzten Seite entnehmen kann. Ich freue mich immer, wenn ich in Büchern Hinweise auf vorherige Besitzer finde, zum Beispiel eine Rechnung, die verrät, wo das Buch gekauft wurde. Warum habe ich gerade Jack London aus besagtem Bücherschrank mitgenommen? Erinnert sich noch irgendjemand an die Star Trek The Next Generation Folge Gefahr aus dem 19. Jahrhundert? Da hat Jack London eine prominente Rolle gespielt.
Das vorliegende Buch beginnt mit einer Einleitung von James Dickey, der es meisterhaft beherrscht, eine in solchen Büchern offensichtlich geforderte katastrophale Einleitung zu schreiben. Sie nimmt nicht nur das Ende mindestens zweier der vier Geschichten vorweg, sie ist auch ohne die Geschichten gelesen zu haben kaum verständlich. Darüber hinaus gibt Dickey dem Ganzen aber seine eigene Note, indem er teilweise Londons Schreibstil kritisiert. Hätte ich die Einleitung nicht zum Schluss gelesen (wie es bei dieserlei Büchern immer zu empfehlen ist), hätte ich das Buch wohl einfach aus dem Fenster geworfen. Darüber hinaus ist die Auswahl der Geschichten fragwürdig. Zwar wird das gemeinsame Leitmotiv des rauen Lebens im Polarkreis erkennbar, führt aber eher zu einer Übersättigung aufgrund sich ständig wiederholender Bilder. Der Titel benennt die zwei längeren, als Gegenentwurf zueinander geschriebenen Geschichten The Call of the Wild und White Fang, diese hätten aber besser für sich allein gestanden. Jack London hat so viel Verschiedenes in seinem Leben geschrieben, dass es an Tragik grenzt, nicht eine breiter gefächerte Auswahl in einen Sammelband zu packen. Das Buch enthält:
Bâtard (Batard)
Ersterscheinungsjahr 1904
17 Seiten
5/10
Eine Kurzgeschichte über einen teuflischen Franzosen, der sich einen teuflischen Hund kauft, irgendwo in der kanadischen Wildnis. Die beiden machen sich das Leben zur Hölle, das kann nicht gut ausgehen. Thematisch kein Lesevergnügen. Ich hatte ein wenig mit dem lautschriftlich geschriebenen Englisch des Franzosen zu kämpfen.
The Call of the Wild (Ruf der Wildnis)
Ersterscheinungsjahr 1903
102 Seiten
7/10
Ein Bildungsroman über einen Hund. Buck, ein riesiger St.-Bernhard-Schäferhund-Mischling wird als Schlittenhund an das raue Leben in Alaska und Kanada gewöhnt, wo er jegliche Weichheit verliert und das Gesetz des Stärkeren leben lernt. Die Geschichte startet sehr langsam, nimmt dann aber ein bisschen Fahrt auf und nimmt den Leser schließlich für sich ein.
Wer sich für Schlittenhunde interessiert, kommt hier auf seine Kosten.*
Gewalttätig, hart, spannend, ein bisschen mystisch. Gelungen, aber unangenehm.
Love of Life (Liebe zum Leben)
Ersterscheinungsjahr 1907
24 Seiten
6/10
Ein Mann mit erschöpften Ressourcen leidet sich durch die Wildnis, um zurück in die Zivilisation zu kommen. Gut geschrieben, aber Spaß ist was Anderes.
Als einzige Geschichte in diesem Band geht es nicht um einen Hund, das ist schon fast erfrischend.
White Fang (Wolfsblut)
Ersterscheinungsjahr 1906
238 Seiten
6/10
Noch ein Bildungsroman über einen Hund (¾ Wolf), der Gegenentwurf zu The Call of the Wild. Diesmal beginnt die Geschichte in der Arktis. White Fang wird in der Wildnis geboren, dann aber langsam gezähmt.
Die Geschichte ist sehr, sehr lang dafür, dass sie sich ausschließlich mit der Gefühlswelt und den Erlebnissen eines Hundes beschäftigt. Es passiert sehr viel Gewalt. Tiere werden geprügelt, über den Haufen geschossen oder von anderen Tieren zerfetzt. Das ist nicht schön zu lesen. Trotzdem kann Jack London schreiben, weshalb man ihm doch die Ehre machen möchte, das Buch zu Ende zu lesen und auch nicht zu überfliegen, auch wenn man die Geschichte auf halb so vielen Seiten hätte erzählen können. Die vielen Wiederholungen fühlen sich leider nicht nach Stilmittel an. Trotzdem ist die Geschichte spannend, wenn man sich darauf einlässt. Ich persönlich lese lieber Geschichten, in denen weniger vielen Hunden die Kehle durchgebissen wird.

Am Ende gibt es eine kurze Biographie des Autors, das gefällt. Das Wesentliche: Jack London kommt im Jahr 1876 in den Vereinigten Staaten zur Welt. Als seine Familie in Armut gerät, muss er die Schule mit 14 Jahren verlassen. Von da an schlägt er sich irgendwie durch, wechselt von Job zu Job, reist durch die Welt und erlebt Abenteuer. Dabei liest er, was ihm in die Hände fällt, und beginnt selbst zu schreiben. Sein literarischer Erfolg macht ihn reich, aber sein haltloser Lebensstil zerstört seine Gesundheit. 1916 stirbt er mit gerade mal 40 Jahren auf seinem Landgut in Kalifornien. Er hinterlässt der Nachwelt über 50 Bücher und diverse Kurzgeschichten.
Abschließend empfehle ich entweder White Fang oder The Call of the Wild zu lesen, wenn man Lust auf testosterongeladene Machtkämpfe und die harsche Brutalität des arktischen Überlebenskampfes hat. Oder einfach Gewalt gut findet.
* Tendenziell weiß ich jetzt eher etwas zu viel über Schlittenhunde.
Die kleinen Taschen und die Bekleidung für alte Puppen, einfach nur schön.
Leider bin ich völlig untalentiert für solche Sachen😔
Liebe Grüße
Petra
Kleidung für Püppi. Von deinen Nähkünsten bin ich total begeistert und es ist so schön beschrieben, dass das Lesen echt Spaß macht. Liebe Grüße Brigitte
Sehr schön zu sehen wie viel Spaß (und Zeit) du zum Nähen hast!
Es gibt an der Nähmaschine einen speziellen Stich für dehnbare Stoffe. Mit dem dürfte der Faden nicht reißen!
Für große Köpfe gibt es spezielle Tricks - einfach mal nachschauen wie das bei den Shirts für Babys gemacht wird!
Liebe Grüße
Miriam
Always insightful. Good work. 😀
Es regnet, endlich Zeit, die Beiträge zu lesen und nicht nur wahrzunehmen. Macht Freude, das zu lesen und obwohl ich das Buch und die Videos nicht kenne, kann ich mir eine Menge vorstellen! Biene
Sehr schön geschrieben!
Liebe Grüße
Christina