Die Kunst des Nähens Teil 5
- Vensch
- 28. Jan. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Endlich mal was reparieren

Ursprünglich wollte ich Nähen lernen, um Kleidung reparieren zu können. Es wäre natürlich auch schön, selbst eigene Kleidung schneidern zu können, aber dies ist – wer hätte es mir sagen können – gar nicht so einfach. Es folgen ein paar kleine Reparaturprojekte, die mehr oder minder gut funktioniert haben.
Leggins kürzen
Es ist ein unausweichliches Phänomen, dass meine Leggings Löcher an den Knien bekommen. Das ist ganz natürlich, wenn man sich häufig an rauen Boulderwänden entlang schiebt. Ich habe mir überlegt, die unrettbaren Leggings über dem Knie abzuschneiden und einen neuen Saum zu nähen. Da habe ich die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht, denn meine Nähmaschine war der Auffassung, ein elastischer Stich auf dünnem Material sei der perfekte Anlass, um den Stoff ins Reich des Unterfadens einzuziehen und nicht mehr hergeben zu wollen. Warum dies gerade jetzt, zu dieser Zeit, zu diesem Anlass geschah, wird nie geklärt werden. Aber beim Nähen darf man sich niemals auf das “mal eben” verlassen, im Gegenteil ist man nie weit von einer großen Katastrophe und einem potentiellen Wutanfall entfernt,es ist Leben am Limit. Nachdem der Stoff wieder befreit war und ich eine andere Nadel eingesetzt hatte, ging es irgendwie. Man sollte seine Nadeln regelmäßig wechseln, und die erste Problemlösungsstrategie ist laut YouTube, erst einmal die Nadel auszutauschen und zu gucken, ob das Problem noch existiert (es ist das Haben-Sie-den-Rechner-neugestartet? für Nähmaschinen).
Ein Fingerhut aus Leder

Ein sehr wichtiges Utensil, wenn man mit Hand näht, ist ein Fingerhut. Dieser kommt auf den Mittelfinger der nähenden Hand und hilft dabei, die Nadel durch den Stoff zu stechen. Das macht das Nähen leichter und das Nähergebnis ordentlicher. Dabei ist es wichtig, dass der Fingerhut auf dem Finger steckt, also nicht abfällt, wenn man die Hand umdreht. Die meisten Fingerhüte, die man so kennt, sind aus Metall und fühlen sich zunächst sehr fremd und benutzerunfreundlich an. Es ist aber auch möglich, mit einem Fingerhut aus Leder zu nähen, der keine unorganischen Flächen hat. So ein Fingerhut ist leicht selbst zu machen: Man umrandet seinen Mittelfinger auf Leder, schneidet dieses zwei mal aus und näht es zusammen. Dieses tat ich mit dem Rest jemandes alter Lederschuhe und ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat.
Hosenbünde ausbessern
Als gebürtiger Lipper behalte ich meine Kleidung, bis sie auseinanderfällt. So bin ich im Besitz einiger Trainingshosen, denen ihre erste überstandene Dekade mittlerweile anzusehen ist. Der Rand des Bundes oben löst sich zusehends auf, aber sonst sind sie noch gut. Daher habe ich mir ein paar Meter Schrägband* gekauft, um das über die aufgeribbelten Stellen zu nähen. Es sieht nicht fabrikneu aus, aber deutlich besser als vorher und das Risiko, dass der Gummizug einfach herausfällt und die Hose sich gen Erde verabschiedet, ist damit auch mit großer Wahrscheinlichkeit gebannt. Diese Operation habe ich mittlerweile an drei Hosen erfolgreich ausgeführt und bin sehr zufrieden damit. Allerdings ist mir völlig unverständlich, wie jemand Stretchstoff grade annähen kann, vor allem, wenn mehr als zwei Stoffschichten im Spiel sind.

Ein anderes Problem sind Gummibänder in Bünden, die sich mit der Zeit völlig auflösen. Da kann man einfach eine Naht ein bisschen öffnen, ein neues Gummiband durchfädeln und die Naht wieder schließen. Ein kurzweiliges und sehr befriedigendes Unterfangen.
Rucksackriemen fixieren
An meinem schwer geplagten Rucksack hing seit Wochen der linke Trageriemen nur noch an der Hälfte fest. Das habe ich mit der Hand wieder angenäht, man kommt an der Stelle wirklich nicht gut unter die Nähmaschine damit. Das hat allerdings nur ein paar Wochen gehalten, ist also bisher keine wirklich zufriedenstellende Lösung. Ich habe es noch mal mit doppeltem Faden angenäht, die Zeit läuft.
Hosen flicken
Jeans lösen sich immer im Schritt zuerst auf, da dort der Stretch am größten ist. Dies ist ein Naturgesetz des Alltags, so wie der Fakt, dass Kaffee kalt wird und Bier warm.
Wie flickt man eine Jeans, so dass man nicht sieht, dass sie geflickt ist? Man besorgt sich ein Stück aufbügelbaren Textilkleber und ein Stück Jeansstoff, das farblich genau passt. Dann klebt man das Stück Stoff weiträumig über das Loch und geht dann so lange mit einem großen Zickzackstich darüber (Garnfarbe muss auch passen), bis Jeans und Flicken eins geworden sind und man das ehemalige Loch nicht mehr erkennen kann. Habe ich das bei meiner ersten Jeansreparatur geacht? Nein.

Ich habe das einzige Stück Jeans genommen, das ich rumliegen hatte, und das einen markant anderen Farbton besitzt als die kaputte Jeans, und habe es (immerhin möglichst symmetrisch) über das Loch genäht, mit einem Überwendlingsstich an den Rändern und mit Hand - jedem seine Meditation. Man sieht es natürlich, aber warum nicht mal ein bisschen aufregend reparieren und ein Statement-Piece kreieren!

Das Gleiche habe ich auch mit einer Arbeitshose gemacht, die ein riesiges Loch am Knie und diverse kleine Löcher überall hatte. Es dauert wirklich sehr lange, ist aber auch sehr befriedigend. Neue Aufschläge habe ich allerdings mit der Maschine gemacht. Klug wäre es vermutlich gewesen, die alten, völlig zerfetzten Aufschläge beherzt abzuschneiden und den neuen Stoff an die “Bruchkante”anzusetzen. Ich scheue mich aber sehr davor, Stoff zu schneiden. Ich hoffe, dass sich die alten Aufschläge beim Waschen nicht völlig in den neuen zusammenkrisseln…

In einer überraschenden Wendung habe ich mich Monate später doch noch dazu durchgerungen, Jeans "vernünftig" zu reparieren.
* Schräg zur Webrichtung geschnitten und somit elastisch, außerdem vorgebügelt, so dass man es einfach und bequem über rohe Stoffkanten nähen kann.
Die kleinen Taschen und die Bekleidung für alte Puppen, einfach nur schön.
Leider bin ich völlig untalentiert für solche Sachen😔
Liebe Grüße
Petra
Kleidung für Püppi. Von deinen Nähkünsten bin ich total begeistert und es ist so schön beschrieben, dass das Lesen echt Spaß macht. Liebe Grüße Brigitte
Sehr schön zu sehen wie viel Spaß (und Zeit) du zum Nähen hast!
Es gibt an der Nähmaschine einen speziellen Stich für dehnbare Stoffe. Mit dem dürfte der Faden nicht reißen!
Für große Köpfe gibt es spezielle Tricks - einfach mal nachschauen wie das bei den Shirts für Babys gemacht wird!
Liebe Grüße
Miriam
Always insightful. Good work. 😀
Es regnet, endlich Zeit, die Beiträge zu lesen und nicht nur wahrzunehmen. Macht Freude, das zu lesen und obwohl ich das Buch und die Videos nicht kenne, kann ich mir eine Menge vorstellen! Biene
Sehr schön geschrieben!
Liebe Grüße
Christina