4 Yuan und ein Schlüssel - Teil 7
- Vensch
- 5. Feb. 2020
- 5 Min. Lesezeit
Mein Reisebericht aus China von 2010

For me you’re like my daughter
11.10.10 7:30, Montag, Shibei School
Es ist so lustig, die Erfahrungen der anderen zu hören. Manche tun mir schon leid. Aber ich vermisse auch kein deutsches Essen. Gar nicht. Bis jetzt hab ich aber auch noch keine Version gehört, die besser für mich gewesen wäre, als meine.
Habe heute Nacht wieder völlig verwirrt geträumt, irgendwie unspaßig.
Heute Musikunterricht. Habs erstmal verkackt vorzusingen, das war doof. Aber ich hab das doofe Lied besiegt. Ich wär echt gern so gechillt vor Leuten.
Chinesische Musik kann schon echt anstrengend sein.
Haben uns erfolgreich neben dem Weltklassechor blamiert.

Waren seit dem Mittagessen nur auf Trab. Aber wir haben mal wieder richtig tolle Dinge gesehen. Wir waren auf einem Tiermarkt, da gab es alles (als Haustier) es war unglaublich und teilweise soo niedlich! Kleinste Hunde und Katzen, tausend Vögel und Fische und Grillen, Grillen über Grillen. Allerdings hab ich da drinnen nicht durch die Nase eingeatmet, das war zu hart.
Dann waren wir wieder auf einem Markt, aber auf einem richtig schönen und ruhigen. Hätte da Stunden verbringen können, 20 Minuten hatten wir.
2 vermutlich überteuerte Mao-Abbilder, gecheckt!
Mir fallen immer mehr Leute ein, denen ich was mitbringen könnte. Geschenke sind das einzige, das ich hier kaufe, das macht am meisten Spaß, ich brauch ja eigentlich nix…
Ich glaube, ich kaufe noch was für meine Schwestern und einen Freund, aber für den fällt mir voll nichts ein!
Vom Markt sind wir in den alten Teil der Stadt gegangen. Da gab es kleine Häuser und dahinter immer wieder Hochhäuser. Ich habe Bambussaft probiert. Durchaus interessant, fällt etwa in die Kategorie Kokosmilch – ein Schluck ganz lecker, aber das reicht dann auch.
Auf besagten Weg sind wir zwei Deutschen über den Weg gelaufen, mit dem gleichen Reiseführer wie ich. Wir haben versucht, ihnen den Weg zum Tiermarkt zu erklären, ich hoffe, sie haben sich nicht verlaufen. Eigentlich wollten wir heute ja ins Museum, aber aus irgendeinem Grund wurde das getauscht, so waren wir heute schon im Yu-Garten.

Die „Altstadt“ drum herum sieht wirklich toll aus, aber wir konnten kaum stehen bleiben, wir sollten nicht verloren gehen und waren eh schon spät dran. Da drinnen war es aber auch wirklich voll, sehr viele Touristen.
Die Yu-Gärten sind aber auch echt sehenswert. Obwohl das Gelände gar nicht so groß ist, wirkt es durch seine verworrene Architektur geradezu riesig. Das war auch der Eindruck meiner Füße.
Schlauerweise hatten wir keinen Plan und innen drin gab es auch keine Schilder, aber wir haben den Ausgang trotzdem gefunden.
Wieder mal war eine Stunde entschieden zu wenig. Ich habe keine Ahnung, was ich da drin schon wieder alles verpasst habe! Denn der Garten ist ein Labyrinth aus Toren und Steinmauern, man verliert komplett die Richtung. Vor allem, da die Sonne heute gar nicht geschienen hat, konnte ich mich nicht mal an der Himmelsrichtung orientieren.

Eigentlich ist es auch schade, dass alles so bevölkert ist. Der Yu-Garten ist ein perfekter Ort für Stille und Einsamkeit, dort könnte man stundenlang einfach nur sitzen und schauen und dann vielleicht ab und zu ein bisschen schlendern. Außerdem versauen einem die ganzen Touristen jedes zweite Bild.
Aber es gibt auch ein paar stille Ecken und Nischen. Wenn ich mal reich bin, lass ich mir auch so einen bauen.
Die anderen Leute haben aber nicht nur gestört. Ich hab mich kurz mit einer Frau aus Ecuador unterhalten, das war ein persönliches Highlight. Trotz Schwierigkeiten konnte ich mich tatsächlich unterhalten. Am liebsten würde ich jeden 3. Menschen fragen, wo er herkommt.
Nach dem Garten haben wir uns noch ein bisschen in der Altstadt aufgehalten, ich habe der Versuchung widerstanden, mir einen Kaffee bei Starbucks zu holen. Wäre bestimmt super teuer. 30 Yuan fürn Kaffe. Obwohl ich son Late Machiato ja gar nicht so übel fände… ansonsten vermiss ich deutsches Essen gar nicht. Die anderen sind heute erst mal in eine deutsche Bäckerei eingefallen (eine authentische), aber ich hätte gar nicht gewusst, was ich da hätte kaufen sollen.
Zurück wollten wir eigentlich mit dem Taxi fahren, aber wir durften nicht. Sitzen wäre nach der ganzen Rumrennerei eigentlich ganz schön gewesen, aber wir quetschen uns natürlich in die U-Bahn. Das ist keine Untertreibung. Die Bahnen sind schon so unglaublich lang und fahren etwa alle zwei Minuten und sind trotzdem alle gerammelt voll!
Wir waren dann auch ein bisschen spät wieder an der Schule, aber hier hat nie einer ein Problem. Citrus’ Vater war heute beschäftigt, da hat uns ihr Cousin abgeholt, den sie ebenfalls als „Brother“ vorgestellt hat, die nehmen das hier wirklich nicht so. Das passt zu dem, was ich über die Beziehung in der chinesischen Familie gehört habe.
Das Abendessen war wie immer lecker, heute gab es einen großen Krebs zu Shitake (eigentlich waren es MuEr-Pilze), Bambusähnlichem Zeug, Rippchen und anderem undefinierbarem Fleisch. Für mich als Langnase (Ha, Synonym für Europäer) gar nicht so leicht zu essen, aber lecker!
Auch heute Mittag konnte ich mich nicht beschweren, obwohl Kirsten und Lisa seit heute Morgen fast ununterbrochen von Pizza schwärmen. Hab nur eine Mandarine (gelb/grün) mitgenommen, für schlechte Zeiten. Die sind gewöhnlich zwischen Frühstück und Mittagessen. Obwohl das Frühstück heute Morgen ungestört und gar nicht so schlecht war (Nudeln mit Ei), krieg ich so früh morgens einfach noch nicht so viel runter und dann brauch ich einfach noch was bis zum Mittagessen um 11.15 Uhr.
Aber ich ernähre mich hier garantiert voll gesund. Heute Morgen hab ich gefragt, ob sie was Obstiges für mich hätten, das ich mit in die Schule nehmen kann, da ist der Vater Bananen kaufen gegangen.
Hab zum Glück zwei bekommen, die eine hab ich Lisa gegeben, die hat mit ihrer Gastfamilie nicht so viel Glück. Mein Zitronenvater meinte ja: „for me you’re like my daughter“, auch wenns ne Phrase ist, sehr nett. So langsam ist es mir etwas peinlich, Citrus alle drei Minuten nach Hilfe zu fragen, aber ich brauche Internet, ich bin echt süchtig.
Ich hab übrigens wieder einen Keks mit altem Eigelb bekommen, der war nicht so lecker, den 2. muss ich noch irgendwie unauffällig loswerden. Die Nüsse, die mir die Zitronencousine geschenkt hat, dagegen sind echt lecker. Aber ich habe keinen Nussknacker und ohne ist das ein sehr aufwendiges Unterfangen, deswegen werde ich sie in Deutschland essen müssen. Passt aber ja ganz gut, jetzt so zum Winter.
Das Wetter war heute irgendwie nicht so schön. Heute Nacht hat es geregnet und heute Morgen noch leicht gestupft, die Sonne hab ich den ganzen Tag nicht gesehen. Geschwitzt hat man aber trotzdem, es ist eine merkwürdige Wärme. Irgendwas ist hier in der Luft (vermutlich der Smog), dass man ständig einen trockenen Mund hat, wenigstens trinke ich so genug.
Morgen könnte es auch wieder Regen geben, ich hoffe, das wird nicht mehr als heute. Keine Ahnung, was für morgen ansteht, der offizielle Plan ist ja offensichtlich überholt, vielleicht gibt es ja morgen Museen. Auf jeden Fall ist der Unterricht morgen Kunst. Ich bin gespannt, bis jetzt war der Unterricht ja noch nicht so knorke.
Die kleinen Taschen und die Bekleidung für alte Puppen, einfach nur schön.
Leider bin ich völlig untalentiert für solche Sachen😔
Liebe Grüße
Petra
Kleidung für Püppi. Von deinen Nähkünsten bin ich total begeistert und es ist so schön beschrieben, dass das Lesen echt Spaß macht. Liebe Grüße Brigitte
Sehr schön zu sehen wie viel Spaß (und Zeit) du zum Nähen hast!
Es gibt an der Nähmaschine einen speziellen Stich für dehnbare Stoffe. Mit dem dürfte der Faden nicht reißen!
Für große Köpfe gibt es spezielle Tricks - einfach mal nachschauen wie das bei den Shirts für Babys gemacht wird!
Liebe Grüße
Miriam
Always insightful. Good work. 😀
Es regnet, endlich Zeit, die Beiträge zu lesen und nicht nur wahrzunehmen. Macht Freude, das zu lesen und obwohl ich das Buch und die Videos nicht kenne, kann ich mir eine Menge vorstellen! Biene
Sehr schön geschrieben!
Liebe Grüße
Christina